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KÖZHELYEINK DZSUNGELE – ZEIT/RózsaS

2024. május 10. 09:06 - RózsaSá

KÖZHELYEINK DZSUNGELE – ZEIT/RózsaS

Minden kor megteremti saját nyelvdzsungelét. A szavak és szófordulatok, amikkel helyzetünket, aggodalmainkat, vágyainkat akarjuk kifejezni, óhatatlanul szóvirág-kazlakba mennek át. A „globális Dél”, a „nyugati gondolkodás”, a „természet kizsákmányolása”, melyek tegnap még jól fölismerhető jelenségeket és – ha kissé ködös – összefüggéseket is jelöltek, mára fenyegető „krízisfelhőkké”, „elvárásokká” (Zumutungen) váltak, melyek „sokakban félelmet keltenek”. Ezért nem csoda, ha az emberek „visszahúzódnak”, bár „családi biztonságszobájuk” (Schutzraum) már régen nem az. A politika és a médiumok „fáradhatatlanul” jelzik, hogy a válság „hausgemacht”.

A 2004-es irodalmi Nobel-díjas, Elfriede Jelinek, műveit ilyen előregyártott panelekből rakja össze. Nem a szereplők beszélnek, hanem a kollektív szógyűjtemény „beszél ki” belőlük.

Carl Sternheim, a Wilhelminismus szatirikus drámaírója alakjai megpróbálnak saját nyelvükön megszólalni, de még a leggyöngédebb szerelmi csacsogásnál is csak cikkek szalagcímei jutnak eszükbe. (…)

 

Eingemauert in Plattitüden

Der sogenannte Zeitgeist baut uns ein

Gefängnis aus nichtssagenden Formeln.

Gar nicht so einfach. Wer wirklich etwas sagen will, muss ausbrechen.

 

Jede Gegenwart produziert ihr eigenes

Sprachdickicht. Die Worte und Wendun-

gen, mit denen die Menschen ihre Lage,

ihre Befürchtungen und Wünsche ausdrü-

cken wollen, verwandeln sich in ein Ge-

strüpp von Floskeln. Der »Globale Süden«,

das »westliche Denken«, die »Ausbeutung

der Natur«, die gestern noch erkennbare Phänomene

zu bezeichnen schienen und einen, wenn auch vagen,

Erkenntniszusammenhang andeuteten, bilden heute

nur mehr eine dräuende Wolke von »Krisen« und

»Zumutungen«, die »vielen Menschen Angst macht«,

weshalb es nicht verwundert, dass »die Menschen

sich zurückziehen«, obwohl »der Schutzraum»hausgemacht« sind.

Elfriede JelinekCarl Sternheim, dem

satirischen Dramatiker des Wilhelminismus der

Familie längst keiner mehr ist« – zumal Politik und

Medien ja »nicht müde werden«, darauf hinzuwei-

sen, dass auch die Krisen »hausgemacht« sind.

Elfriede JelinekCarl Sternheim, dem

satirischen Dramatiker des Wilhelminismus , die Literaturnobelpreisträgerin von

2004, hat ihre Theaterstücke und Romane bereits

gänzlich aus solchen vorgestanzten Formeln der öffent-

lichen Rede zusammengesetzt, nicht die Figuren spre-

chen, sondern »es« spricht aus ihnen, nämlich das

kollektive Wortmaterial. BeiCarl Sternheim, dem

satirischen Dramatiker des Wilhelminismus , versuchen

sich die Personen zwar noch auszudrücken, aber selbst

für zärtliches Liebesgestammel finden sie nicht mehr

als die gestelzte Sprache der Leitartikel.

 

Schon die Dichter der heraufziehenden Moderne

hatten die Macht der Gemeinplätze alarmiert wahr-

genommen: Präzise beschrieb Goethes Zeitgenosse

und Antipode Jean Paul das Phänomen der Sprach-

entfremdung, nämlich der Entfremdung durch

Sprache. Man kann nicht mehr sagen, was man

wirklich sieht, schon gar nicht, was man wirklich

empfindet, sondern nur noch, was die Sprachkon-

vention als Wirklichkeit definiert oder als Empfin-

dung zulässt. Zwei Generationen später hat Gustave

Flaubert die Modewörter und Denkklischees seiner

Zeitgenossen sogar systematisch zusammengetragen;

für seine Sammlung dieser idées reçues erwog er be-

zeichnenderweise den Titel Catalogue des opinions

chic – auf Deutsch so viel wie: Katalog der angesag-

ten Meinungen.

Und in der Tat handelt es sich ja bei Modeformeln

nicht um das, was alle blöd finden, sondern um das,

was allen richtig erscheint. Flaubert schrieb daher:

Die Leser sollten unsicher sein, ob sie lachen könnten

oder sich verspottet fühlen müssen. Ähnlich dürfte es

bei einer Liste deutscher Gemeinplätze der Gegen-

wart sein. Ein großer Unterschied zeigt sich aber,

wenn man die beliebtesten Plattitüden vergleicht:

Flauberts Franzosen des 19. Jahrhunderts sehen über-

all einen Fortschritt, die Deutschen von heute vor

allem Rückschritt, Bedrohung, Krise. Besonders cha-

rakteristisch tritt der Pessimismus in jenen verräteri-

schen Miniformeln hervor, denen zwei Adverbien

genügen, um ein entweder linkes oder rechtes Welt-

bild der Sorge zu artikulieren.

Nicht mehr – typisch rechte Klage. »Man darf ja nicht

mehr ...« (Auto fahren, Kinder erziehen, für Recht und

Ordnung eintreten). Semantisch verwandt ist die Formel

des Aufbegehrens: »Man wird ja wohl noch sagen dür-

fen«, der sofort das verbitterte Einknicken folgt: »Aber

das darf man ja nicht mehr sagen.«

Schon wieder – eindeutig linke Sorge, gern als ankla-

gende Frage formuliert: »Ist es schon wieder so weit?«

oder als polemische Feststellung: »Schon wieder müssen

Arbeitnehmer fürchten, dass ...«

Noch immer – ebenfalls linke Kummerformel, die

einen ausbleibenden Fortschritt anmahnt. »Noch

immer müssen Frauen bei einbrechender Dunkel-

heit ...«, »Noch immer tut der Staat hierzulande zu

wenig gegen ...«. Das Wörtchen »hierzulande« dient

dabei nicht der Ortsangabe, sondern der rhetorischen

Verstärkung. »Hierzulande« ist immer etwas »in Ge-

fahr«, vor allem die »Errungenschaften der Moderne«.

Die berühmten »Errungenschaften« waren ursprüng-

lich eine recht abgegriffene Floskel der sozialistischen

Staaten, sind aber wieder sehr im Kommen.

Frei Haus – allgemeine kulturkritische Klage über die

Bequemlichkeit und Verwöhntheit der Bürger, die alles

»frei Haus« geliefert haben wollen, selbst für Klima-

krise und Altersarmut erwarten sie:

Fertige Lösungen – etwas, das es nach Meinung der

Politiker nicht geben kann und vom Bürger nicht

erwartet werden kann, genauso wenig wie die:

Eierlegende Wollmilchsau – heimlicher

Traum aller. Selbst die Politik hätte

sie gern in Form eines Gesetzes,

das alle Probleme regelt, ohne neue zu schaffen, das Militär hätte

sie gern als»Allzweckwaffe« (das andere Modewort für dasselbe), der

Mann hätte sie gern als Frau (erledigt alles und klagt nie), und Frauen hätten sie gern als Mann (immer devot und trotzdem sexy). Dass es sie nicht gibt, ist wahr-

scheinlich der Grund für viele:

Traumatische Erfahrungen – Lieblingsdiagnose

der Gegenwart und abstraktes Ersatzwort für unan-

genehme Erlebnisse, die früher konkret als Verlust,

Enttäuschung, Verletzung, Zurückweisung und so

weiter bezeichnet wurden. »Das Land hat eine trau-

matische Erfahrung gemacht« (Urteil des Ethikrats

über die Zeit der Coronabeschränkungen). So gern

sich die Menschen mit »Traumatisierungen« schmü-

cken, so politisch inopportun kann es sein, sie darin

zu bestärken, vor allem wenn es der Argumentation

des politischen Gegners nützt.

Das dient doch nur – klassische Formel linker Ver-

schwörungstheorie. »Das dient doch nur der AfD« –

nämlich wenn man zugeben sollte, dass die Art des

staatlichen Managements der Coronakrise eine schwere

Belastung für die Bürger darstellte. Auch diese Formel

entstammt eigentlich dem Arsenal sozialistischer Propa-

ganda – »das dient doch nur dem Klassenfeind«, näm-

lich etwa auf Versorgungsengpässe hinzuweisen –, ist

aber wieder sehr beliebt.

Zumutungen – stark umkämpfter Begriff, insofern

nicht klar ist, was den Bürgern zugemutet werden

kann oder sogar muss. Konservative Politiker gehen

gern davon aus, dass die »Grenze des Zumutbaren«

schon erreicht ist, zum Beispiel angesichts »unkon-

trollierter Zuwanderung« und steigender Energie-

kosten. Grüne sind der Meinung, dass der Kampf

gegen den Klimawandel nicht ohne Zumutungen

gelingen kann. Es geht um das Überleben der

Menschheit und nicht um:

Lieb gewordene Gewohnheiten – etwas ganz

Übles. Sie gehören zu den »Beharrungskräften der

Gesellschaft« und werden von den Linken, die darin

ein »Fortschrittshindernis« sehen, gleichermaßen

bekämpft wie von den Liberalen, die »notwendige

Anpassungen an die Arbeitswelt von morgen« ver-

langen. Raus aus der »Komfortzone«! Auch KI und

Digitalisierung erfordern den »Abschied von lieb

gewordenen Gewohnheiten«. Der von Unterneh-

mensberatern hochgeschätzte Begriff dafür war frü-

her »Disruption«, doch haben sie wohl gemerkt, dass

sie damit die Menschen nur:

Verängstigen – sehr gefährliche Strategie. Der Ver-

kehrsminister hat durch seine Drohung mit Fahrver-

boten »viele Menschen verängstigt«. Eine »Politik der

Angstmache« führt dazu, »dass sich immer mehr Men-

schen zurückziehen«. Sie bleiben »in ihrer Blase« oder

sind der Meinung, sie müssten sich:

Nicht gemeint fühlen – ein sehr starkes Gefühl, das

eine schöne trotzige Wärme im Körper aufsteigen

lässt. Eine verwandte Formel lautet: »Viele Bürger

fühlen sich von der Politik nicht mehr gesehen.« Im

Privaten, vor allem in den gern diagnostizierten

»toxischen Beziehungen«, neigen Partner, die sich

»schon lange nicht mehr gemeint fühlen«, zu der

Erkenntnis, das Verhältnis sei für sie:

Nicht okay – eine Empfindung von Endgültigkeit.

Darum wird auch die Frage »War das nicht okay für

dich?« nur als rhetorisch empfunden. Die verärgerte

Gegenfrage lautet: »Weißt du nicht, was das mit mir

gemacht hat?« Generell haben die Menschen den

Eindruck, dass ständig irgendetwas mit ihnen ge-

macht wird, ohne dass sie genau sagen könnten, was

es ist. Das macht es aber noch unheimlicher.

Hausaufgaben machen – etwas, das notorisch ver-

säumt wird. Politiker wie Lebenspartner werden grund-

sätzlich als schlechte, pflichtvergessene Schüler betrach-

tet, womöglich sogar als »Risikoschüler«, wie der jüngs-

te pädagogische Eintrag auf der Liste der »Risiko«-Kom-

posita lautet (»Risikopatienten«, »Risikofahrer«). Wenn

die »menschengemachten Risiken« ständig steigen oder

sogar »unbearbeitet« bleiben, muss man unbedingt:

Genauer hinschauen – mehr ein Vorwurf als eine

Aufforderung. »Da hätte man genauer hinschauen

müssen«, vor allem wenn eine politisch unliebsame

Schlussfolgerung gezogen wurde. Das Ergebnis des

genauen Hinschauens steht nämlich immer fest. Ging

es in alten Zeiten darum, in allem Gottes Wirken zu

entdecken, so heute darum, die ideologisch erwünsch-

ten Hauptverursacher zu identifizieren (wahlweise »das

Patriarchat«, die »weißen Privilegien« oder die »Wirt-

schaftsflüchtlinge«, die »Überfremdung«, der drohende

»Bevölkerungsaustausch«). Die Schlagwörter des Has-

senswerten dienen vor allem dazu, von dem Umstand

abzulenken, dass die Bürger diesen Kampf mit

Gespensterbegriffen satthaben und sich mehrheitlich

nur eines wünschen:

Eine Auszeit – so etwas wie die Pausentaste auf dem

Gerät, das den Lebensfilm abspielt. »Ich brauche eine

Auszeit«, vom Beruf, von der Familie, der Politik. Die

Schwierigkeit besteht darin, nicht aus Versehen die

Stopptaste zu drücken. Karrieren lassen sich

schon nach »einer kurzen Auszeit« nicht

mehr fortsetzen. Manchmal reden die

Menschen aber nur von einer

Auszeit, um Angehörige zu

beruhigen, und drücken in Wahrheit die Austaste.

ZEIT, 25. 4. 2024

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