Ökobetyár

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Nachtrag von S. Rózsa

2014. november 16. 20:20 - Ökobetyár

1971 war ich Redakteur im ungarischen Kulturzentrum „Jugendtribüne” in Novi Sad. Namhafte Literaten (László Németh, Miklós Mészöly, György Konrád) waren unsere Gäste aus Ungarn. Sogar eine ungarische Universität sollte auch gegründet werden. Satirische Abende („Alex’ Klöpfereien”, Witzolympiade) sorgten für Heiterkeit. Ich trug Sandwich-Plakate im Studio B, wo gerade Gyula Illyés und Sándor Csoóri gastierten. Und dann plötzlich fand ich mich mitten einen Schauprozesses gegen Új Symposion.

Nach dem Urteil harrte ich bis zum letzten Moment aus. Als ich aber das rechtskräftiges Urteil in den Händen hielte, dachte ich, besser die Polizei nicht abwarten. (Später haben sie mich tatsächlich bei meiner Mutter gesucht). Von Fluchtwegen aus Jugoslawien hatte ich keine Ahnung. Statt Triest wählte ich den Adriahafen Sibenik, wo ich mit Fähre nach Italien entkommen wollte. Erst kam aber anders: ich wurde mit Lebensmittelvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert.

Jeder Flüchtling hat einen heißesten Moment in seinem Leben: meiner war im Hafen Sibenik, wo der Grenzsoldat in seinem Heft meinen Namen gesucht hatte. War nicht drin. (Heute wissen wir: sie ließen mich laufen. Der Fall war zu heikel.)

Dem Gefängnis bin ich zwar entkommen, aber die Qualen setzten sich fort: ich irrte mich, wie geistesgestört von Land zu Land im Westen. Ich konnte mich nicht entschließen, Asyl zu beantragen. Ich habe meine Heimat, Jugoslawien geliebt und wollte treu bleiben. Sogar ging ich in eine jugoslawische Botschaft, um meinen Paß zu verlängern. Vergeblich. Als dann meine Papiere schließlich endgültig ausgelaufen sind, bin ich gezwungen worden, in Deutschland Asyl zu beantragen. Mein Fall wurde in Zirndorf nochmal behandelt, ich wurde nicht nur freigesprochen, sondern sogar als Student gefördert. Danke, Deutschland!

1972 landete ich in ein ziemlich aufgerührtes Land: in München wurden gerade die Attentate im Olympiadorf verübt, als ich da war. Später wurde im kölner Stadwald der Arbeitgeber-Präsident, Hans-Martin Schleyer von der Roten Arme Fraktion gekidnappt. Die Schüsse konnte man sogar am Gürtel hören, wo ich wohnte. In Köln erlebte ich die letzten Wellen vonn 1968. Spartakisten wollten mich überzeugen, ich emigrierte in falsches Land; warum bin ich nicht nach der DDR gegangen, wo die Waffen in den Händen des Volkes sind? In der Volkshochschule liefen Diskussionen mit Daniel Cohn-Bendit, Heinrich Böll, der SSK (Sozialistische Selbsthilfe Köln). In die Umweltbewegung gerät ich über einen Kommilitonen Ulrich Kämper, wo wir die Katalyse Umweltgruppe gründeten. Wir brachten das Buch Chemie in Lebensmittel aus, was zu einem Bestseller wurde. Später machte ich „Karriere” in der Kölner Umweltszene: ich wurde Koordinator von etwa 15 NGOs. Die Umweltbewegung ist aber Anfang 1990 ausgelaufen: wir haben ein Land gereinigt (riefen aber eine neue Industrie, die Entsorgungsindustrie ins Leben) und die neue Jungs kümmerten sich mehr um Männerparfüme, als für die Ökologie. Neben bei promovierte ich als Chemiker an der Universität zu Köln (S. Rózsa’ Verbindungen K2PdAs2)).

So wechselte ich nochmal Heimat: 1994 zog ich nach Ungarn. Technisches Wissen und Erfahrung brachte ich mit, gründete die Sanfte Energie Stiftung und stellte ein Dutzend Energie-Hefte den Lesern kostenlos zur Verfügung. (Auch deutsch, s. Internet www.okobetyar.blog.hu) In Budapest traf ich nach 30 Jahren meinen Freund, Tibor Várady wieder.

 

Budapest, Okt., 2014.

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